Schwarzenegger, der Oscar, die Russen und die Heuchelei Hollywoods

⁣Lieber Arnold Schwarzenegger!

Hut ab, großes Kino! Manch wohlmeinende Experten, der politische Zirkel Europas, alle Staats- und Regierungschefs, das Oberkommando des ukrainischen Medienkriegs, das hohe linke Twittergericht, alle Vertreter der NATO, die versammelten Transatlantiker, die gesamte westliche Medienlandschaft, die Solidaritätsindustrie und die toleranzbewegten GutmenschInnen sind sich nach Ihrer eindrucksvollen Teleprompter-Rede an das russische Volk sicher: Das wird der Oscar. Der erste in Ihrem schauspielerischen Leben und ich gönne es Ihnen von Herzen. Und wenn es nicht der Oscar wird, der Golden Globe bleibt sicher über. Sie sind mein Held, Sie sind mein Retter. Zwei Mal begegneten wir uns, sprachen über Thal und Gösting. Einmal in Wien und einmal im steirischen Schladming. Wie war ich stolz über die gemeinsamen Fotos mit Ihnen. Sogar jovial Arnie durfte ich zu Ihnen sagen. Und nun, haben Sie mich endgültig überzeugt. Mit wieviel Empathie haben Sie über die Schrecken eines Krieges gesprochen, die Vergangenheit Ihres Vaters in Stalingrad, Ihr großes Herz für die Russen, wie sie in einfachen Worten die komplizierte Wahrheit der Weltpolitik dargestellt haben. Ganz große Show. Viele meiner Freunde meinen ja, Sie wären auf einem Auge blind. Er, der große Schwarzenegger hätte feig das Maul gehalten, als sein Freund George Bush mit Hilfe der Lüge von Chemiewaffen den Irak angegriffen und hunderttausende Tote verursacht hat. Ich sage, man muss das verstehen, er ist halt Schauspieler und mittlerweile Amerikaner. Die sind so, die halten auch Disney Land für eine archäologische Ausgrabung. Viele meiner Freunde meinen ja, er ist ein Heuchler. Stemmt Greta Thunberg aufs Schild, donnert fürs Klima in seinen Reden mediengerecht und hat selber einen Fuhr- und Flugpark, dass man ein eigenes Bundesland damit verpesten kann, den CO2-Abdruck von Terminator. Ich sage, lasst ihn in Ruhe. Er ist halt nur ein Schauspieler und in Amerika sind die Autos eben größer. Viele meiner Freunde meinen, er hat sich zu den Kriegen und den zigtausenden zivilen Toten durch amerikanische Drohnen in Libyen, in Afghanistan und im Jemen nie an die Moral im eigenen Land gewandt. Ich sage, Moral ist doch nur etwas fürs gemeine Volk, so etwas kann man von einem Schwarzenegger nicht verlangen. Viele meiner Freunde meinen, er hat als Gouverneur von Kalifornien die Todesstrafe exekutieren lassen. Ich sage, erstens liegt Hollywood in Kalifornien und zweitens sind dort die Menschenrechte eine verhandelbare Masse der Showindustrie. Helden gibt’s nur auf der Leinwand. Viele meiner Freunde meinen, er als eingeheirateter Steirer in den Kennedy Clan müsste doch Verständnis haben, dass ein Land wie Amerika doch 1962 unter seinem verschwägerten Onkel JFK auch den dritten Weltkrieg für Sicherheitsinteressen riskierte. Ich sage, erstens ist er geschieden und kann für die Kennedys nicht verantwortlich gemacht werden und zweitens war er damals 15. Wenn er in den letzten Jahrzehnten seine eigene Muttersprache verloren hat, wird’s Hirn doch eher im Oberarm sein. Aber warum sich mit diesen Nebensächlichkeiten aufhalten. Schwarzenegger ist ein Held und zudem ein Schauspieler. Wie Zelensky. Ob es für einen verantwortungsvollen Staatsmann reicht? Eher weniger. Aber das verlangt doch in Zeiten der Schauspielhelden niemand.

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