Gerald Grosz: ''Ach Hanni, Karma ist eine Sau''
Wer nicht hören will, muss fühlen, lautet eine der vielen Weisheiten über die Sturheit des Menschen, eigene Fehler nicht zu erkennen, nicht umzukehren. Ein ähnliches Zitat wäre: Der Krug geht so oft zum Brunnen, bis er bricht. In Niederösterreich sagt man hingegen seit vorigem Wochenende: Hanni-Land ist abgebrannt. Und tatsächlich, die einst mächtige Niederösterreichische Volkspartei, das Epizentrum der schwarzen Macht im Staat hat abgedankt. Die Mehrheit im Landtag ist verloren.
Die Mehrheit in der Landesregierung ist verloren. Erstmals in der Geschichte des Nachkriegs-Österreichs, wohlgemerkt. Auch die Mehrheit der Bundesregierung im Bundesrat, der zweiten wenngleich auch sinn- und nutzlosen Kammer des Parlaments, das Sammelsurium von politischen Siebenschläfern, ist Geschichte. Zwei Landesräte und unzählige Landtagsabgeordnete sind arbeitslos. Und: Der Nimbus der schwarzen Macht der Finsternis, die den/die Landeshauptmann/Landeshauptfrau aus Niederösterreich seit Jahrzehnten umgab, ist nur mehr ein feuchter Traum. Und auch die Sozialdemokratie, der Verein zum finanziellen Erhalt gescheiterter Existenzen, hat ordentlich Federn gelassen.
Die mächtigen Sozis sind nur mehr auf dem dritten Platz in einem der größten Bundesländer Österreichs zu finden. Das muss man auch einmal zusammenbringen, als Oppositionspartei aus der Schwäche der Regierungspartei nicht zu profitieren, sogar noch zu verlieren. Wer nicht hören will, muss fühlen, dachte sich da wohl der Niederösterreichische Wähler mit Blick in den Rückspiegel der vergangenen Jahre. War es doch ausgerechnet Hanni, die einst eiserne Lady von St. Pölten, die die Impfpflicht in Österreich als eine der Ersten forderte und nun die Rache der Spritzengegner am eigenen Leib zu spüren bekam. Ja, es war auch Hanni, die als Innenministerin im Jahr 2015 fotogerecht die Asylheime besuchte und die Glückskinder von Angela herzte.
Weil damals Hanni zu den Guten gehören wollte. Auch das rächt sich. Und ja, es war auch Hanni, die ihren Buben Basti favorisierte und ins Kanzleramt hievte. Und nachdem Hanni ihrem einstigen Basti Fantasti auf dem Weg ins Knasti das Vertrauen entzogen hat, schickte sie den glücklosen Charly Nehammer aus Niederösterreich ins Kanzleramt. Und nicht zu vergessen, ist eine weitere Erfindung von Hanni: Wolfgang Sobotka. Der damals nach Wien als Nationalratspräsident von Hanni weggelobt wurde, damit er ihr in der Nachfolge von Erwin Pröll, dem Urvater der Fürsten der Finsternis, nicht gefährlich wurde. Und ja, die gesamte Bundespartei ist durch Hanni handverlesen ein in der Wolle gefärbter Niederösterreichischer Betonkopf, der sich halt wechselweise in schwarz oder türkis färbt. Also ging eben der Wähler zur Urne und brach den Stab über Hanni.
Der Profiteur war übrigens Udo Landbauer. Jener Udo Landbauer, dem die gute Hanni, die Ahnfrau der Intrige zusammen mit dem ORF-Landesdirektor, die Liederbuchaffäre andichtete. Und ja, auch hier spielt eben Rache eine Rolle. War es doch die Rache der Wähler, die angesichts dieser Charakterlosigkeit in Scharen der FPÖ zuliefen. Ach Hanni, Karma ist eine Sau. Und nun muss Hanni ihren Thron verteidigen. Gegen den Bauernbund, gegen ihren Ziehvater Erwin, gegen jene Funktionäre die nichts mehr wurden und vor allem gegen jene Landeshauptleute der ÖVP, die mit dem niederösterreichischen Skandalregiment eigentlich nichts mehr zu tun haben wollen. Wer nicht hören will, muss fühlen, lautet auch die Devise in Kärnten und Salzburg. Da hat der Wähler die Chance darüber zu urteilen, ob die ÖVP die SPÖ die richtigen Lehren aus Niederösterreich gezogen haben.
Naja, die Teuerung fegt weiter über das Land. Österreichs Regierung hält stur und unbelehrbar an ihrer Unterstützung für Wlodimir Selensky fest. Die Strompreise steigen weiter, die Lebensmittelpreise auch. Nur die Butter ist ein wenig billiger geworden, welch noble Tat. Mit Blick auf die Heizrechnungen können wir Bürger uns wenigsten die Butter in die Haare schmieren. Also werden ÖVP und SPÖ in Salzburg und Kärnten auch abschmieren. Denn wer aus seinen Fehlern nicht lernt, wird wieder bestraft. Bis er umkehrt, bis er Buße tut, bis er die Fehler bekennt und sich läutert. Von Läuterung ist bei den Großparteien keine Spur. In der SPÖ tobt hinter den Kulissen weiter der Kampf gegen die joylose Pamela, in der ÖVP wartet man mit der Palastrevolution gegen das Ehepaar Nehammer bis April. Und je länger die anderen warten, umso mehr freut sich der einstige Dritte, der in Niederösterreich nun Zweiter und auf Bundesebene bald Erster ist. Der erste Mann im Staate, auch einer der großen Wahlkampfhelfer der FPÖ, flog diese Woche in die Ukraine. Ja, so ein Nachtscherbenfoto mit Wlodimir Selensky macht sich gut in der Hofburg, dachte sich der neu angelobte Präsident. Und weil man ja nicht nur für ein Foto nach Kiew fährt, gelobte Van der Bellen die Solidarität Österreichs.
Ja, vor 12 Monaten begann alles. Russland marschierte in der Ukraine ein, die USA freute es, die EU versprach Solidarität. Und nun rekapitulieren wir 12 Monate Solidarität: Die EU schickte mehrere Sanktionspakete auf die Reise. Russisches Vermögen wurde eingefroren, russische Güter dürfen nicht mehr nach Europa geliefert werden, der Gashahn wurde abgedreht, der Ölhahn ebenso und so nebenbei sprengte irgendwer gleich vorsorglich zur Freude der USA die Gaspipelines. Die Märkte spielten verrückt, die Inflation in Österreich beträgt nun 11 Prozent. Das Leben für uns ist nicht mehr leistbar. Russland stellte wie vermutet seine gesamte Produktion auf Kriegswirtschaft um, die Wirtschaft wächst, im Euro Raum droht sie zu schrumpfen. Wir verkaufen nichts mehr, Russland verkauft nach China, Pakistan, Indien und die Türkei. Die Gazprom feiert Gewinne, in Österreich nehmen Bürger für die Zahlung der Stromrechnungen Kredite auf. Das ist eben die Solidarität, die Van der Bellen wieder zum Ausdruck brachte. Und ehrlich, ich wusste nicht, dass man nur mit aller Herren Länder Solidarität zeigen muss, aber mit dem eigenen Volk nicht. Auch Solidarität ist eben relativ und teilbar. Eine neue Erkenntnis. Wie so viele. Bis die nächsten Erkenntnisse folgen, bitte ich Sie um Geduld.
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