Gerald Grosz: Österreich, die morbide Republik der politischen Märtyrer
Österreich ist auf einem morbiden Trip. Es ist en vogue Märtyrer zu sein. Bald haben wir mehr politisch verstorbene Anbetungsreliquien im Parlament, als in der Dorfkirche von Minimundus.
Und nun hat auch Sebastian Kurz seine Liebe fürs Makabre entdeckt. Nachdem der Regieplan Wolfgang Schüssels „Wer, wenn nicht er“ aus dem Jahr 2002 minutiös und erfolgreich bei einer an sich sinn- und nutzlosen EU-Wahl abgearbeitet wurde wird nun das Handbuch Bruno Kreiskys aus dem Jahr 1971 „Lasst Bruno und sein Team arbeiten“ auf „Sebastian braucht die Absolute“ exhumiert und für die Nationalratswahl im September modifiziert. Ein Abwahlantrag wurde regelrecht provoziert, in der Rolle des „toten Indianers“ fühlen sich derzeit alle wohl und versprechen sich nicht zu Unrecht einen Solidaritätseffekt der Österreicherinnen und Österreicher.
Heinz-Christian Strache hat es vorige Woche erwischt, er schwebt bereits im Mythenhimmel einstiger Hünen und Helden. Pamela Joy ist auf dem besten Weg dazu, als politische Selbstmörderin in die Geschichte einzugehen. Lustgreis Peter Pilz hingegen verwest unbedankt. Rund ums Parlament weht ein süßer Leichenduft.
Die Pompfüneberereseele schlägt auch in der Politik durch, die „schöne Leich“ ist offenbar das einzige Programm.
Wers nicht versteht, dem sei Hansi Hölzl, vulgo Falco, empfohlen, der so trefflich den derzeitigen Zustand österreichischer Innenpolitik vor Jahrzehnten besang: Muss ich denn erst sterben um zu leben? By the way: Die Friedhöfe sind voll von jenen, die glaubten unersetzlich zu sein.
Was ich mir in Tagen wie diesen wünschen würde? Helden! Wahrhaftige und lebendige Helden! Rechtschaffene, integre, ehrliche, saubere, verantwortungsvolle, loyale, über jeden Verdacht Erhabene! Ich würde mir aufrichtige Menschen in der Politik wünschen, die das Leben von uns Bürgern über die dreckigen Ziele ihrer eigenen Partei stellen! Die Hoffnung stirbt zuletzt und Umbrüche wie diese haben immer etwas Positives: Neues entsteht!
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